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Veröffentlichung des Lagebild Häusliche Gewalt 2022

Häusliche Gewalt zählt zu den am häufigsten auftretenden Menschenrechtsverletzungen. Wie das am 11. Juli 2023 vom Bundeskriminalamt (BKA) veröffentlichte „Lagebild Häusliche Gewalt“ zeigt, stiegen in Deutschland im vergangenen Jahr die registrierten Fälle von häuslicher Gewalt einmal mehr besorgniserregend an. So wurden 2022 insgesamt 240.547 Fälle von häuslicher Gewalt angezeigt (+8,5 %). Ein besonders drastischer Anstieg verzeichnete das BKA bei Partnerschaftsgewalt. Demnach waren 2022 im Hellfeld 157.818 Menschen von dieser Form der häuslichen Gewalt betroffen, was einem Anstieg von 9,1 % entspricht. In über 80 % der Fälle waren die Betroffenen bei Partnerschaftsgewalt weiblich. 78,3 % der Tatverdächtigen waren Männer.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit e.V. (BAG TäHG) registriert die veröffentlichten Zahlen mit großer Sorge. Gleichzeitig bestätigt das Lagebild, dass weiterhin erhebliche Defizite bei der Bekämpfung von häuslicher Gewalt und der Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland bestehen. Vor diesem Hintergrund fordert die BAG TäHG eine stärkere Berücksichtigung und Unterstützung der Täterarbeit in Deutschland. Gewaltausübende Menschen müssen in die Verantwortung genommen werden, um Betroffene schützen und Gewalt präventiv verhindern zu können. Dafür bedarf es, wie auch GREVIO betont, einer stärkeren öffentlichen Finanzierung der Täterarbeit, die nicht zulasten der Betroffenenunterstützung geht. Nur mit einer ausreichenden, langfristig angelegten Finanzierung kann Täterarbeit flächendeckend und professionell erfolgen.

Neben einer ausreichenden Finanzierung muss Täterarbeit als zentraler Bestandteil der Interventionskette bei häuslicher Gewalt anerkannt und einbezogen werden. Die von Innenministerin Nancy Faeser herausgestellte Wegweisung stellt eine wichtige Maßnahme zum Schutz von Betroffenen dar. Doch ist sie nur eine kurzfristige Lösung, die weder einen nachhaltigen Betroffenenschutz gewährleisten noch die Ursachen der Gewalt adressieren kann. Daher sollte sich die Sensibilisierung von Polizeibeamt*innen nicht nur auf solche Maßnahmen beschränken. Vielmehr bedarf es einer proaktiven Vermittlung der gewaltausübenden Person an eine Täterarbeitseinrichtung. Daher fordert die BAG TäHG die deutschlandweite Einführung des proaktiven Ansatzes in der Täterarbeit und entsprechende gesetzliche Regelungen auf Bundesebene. Dadurch könnten frühzeitig Interventionsmaßnahmen eingeleitet und die Ursachen von Gewalt bearbeitet werden.

Häusliche Gewalt ist ein vielschichtiges, gesellschaftliches Problem. Nur durch Kooperation und interinstitutionelle Zusammenarbeit kann häusliche Gewalt effektiv bekämpft werden. Daher fordert die BAG TäHG auch für die Betroffenenunterstützung eine ausreichende Finanzierung. Außerdem bedarf es der bundesweiten Etablierung von Fallkonferenzen in Hochrisikofällen mit der Beteiligung von Betroffenenunterstützungs- wie Täterarbeitseinrichtungen. Die BAG TäHG fordert die Bundesregierung auf, häusliche Gewalt als gesamtgesellschaftliches Problem anzuerkennen und mit der notwendigen Dringlichkeit zu bearbeiten. Jeden Tag werden im Schnitt 432 Menschen Opfer von Partnerschaftsgewalt. Besonders gefährdet sind FLINTA*, insbesondere mit Behinderung oder Fluchthintergrund. Die Bundesregierung ist gefordert, die geschlechtsspezifischen Dimensionen von häuslicher Gewalt zu berücksichtigen und die Istanbul-Konvention vollständig umzusetzen.

Ansprechperson

Linda Conradi
Geschäftsleitung
info@bag-taeterarbeit.de

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